75 Jahre VVB/NVB

1942 - 2017

Für das Jubiläumsjahr 2017 wurden einige wesentliche Punkte der 75-jährigen Geschichte des Vereins in diesem Artikel zusammengefasst:


Der Naturschutz kann auf eine lange Tradition zurückblicken: Schon im Jahr 1922 wurde der Schweizer Vogelschutz, heute Birdlife-Schweiz, gegründet und kurz darauf auch der Züricher Vogelschutz, heute Birdlife-Zürich genannt. In den 171 Zürcher Gemeinden entstanden dann im Laufe der nächsten Jahrzehnte viele lokale Vogelschutzvereine. Heute sind es 110 Natur- und Vogelschutzvereine mit ca. 16000 Mitgliedern.

Obwohl Boppelsen ein sehr kleines und abgelegenes Bauerndorf war, wurde der Verein bereits im Januar 1942 auf Initiative von Alfred Trüb als Vogelschutzverein Boppelsen (VVB) gegründet und war von Anfang an eine Sektion des Zürcher Vogelschutzes und des Schweizer Vogel-schutzes. Alfred Trüb war Bopplisser Landwirt, in verschiedenen Vereinen aktiv und diente dem Dorf auch als Mitglied verschiedener Behörden. Was ihn und 33 weitere Bopplisser dazu bewegte, mitten im zweiten Weltkrieg einen Vogelschutzverein zu gründen, ist leider nicht überliefert. Offenbar war ihnen aber die Unterstützung der Vögel wichtig, trotz - oder vielleicht gerade wegen(?) - der schwierigen Situation in jener ent-behrungsreichen Zeit. Alfred Trüb war der erste Präsident des Vereins und er blieb dies über 40 Jahre!

In der ersten Zeit befasste sich der Verein vor allem mit dem Bauen, auf-hängen und Pflegen von Nistkästen für Vögel. Boppelsen hatte damals weniger als 300 Einwohnerinnen und Einwohner. Die meisten waren Bauern und bewirtschafteten die Felder um das Dorf. Im und um das Dorf gab es damals hunderte von Obstbäumen, jedoch noch keine geteerten Strassen oder Plätze. Die Bilder zeigen das Dorf im Jahre 1948 und 1953:

Aus heutiger Sicht war Boppelsen damals also ein idealer Lebensraum für Vögel. Die damaligen Bopplisser kannten die Natur noch viel besser als heute. Die Vereinsmitglieder stellten offenbar schon damals fest, dass die Natur ihre Unterstützung brauchte. Neben der Pflege der Nistkästen wurde den Vögeln im Winter auch Futter angeboten und die Vereins-mitglieder trafen sich regelmässig. Die verschiedenen Vereine hatten damals auch eine wichtige Funktion: Sie sorgten für etwas Abwechslung und Unterhaltung im Dorfleben.

Aus jener Zeit gibt es nur sehr wenige Dokumente, denn mit Ausnahme von handschriftlichen Notizen hatten die Vereine noch keinerlei Mög-lichkeit, Dokumente zu erstellen. Erhalten geblieben sind aber zwei Kassenbücher, die auf die Aktivitäten des Vereins schliessen lassen und einige interessante Details enthalten. So war z.B. der Jahresbeitrag in den ersten Jahren Fr. 2.50. Dieser wurde auch damals schon gelegentlich aufgerundet, was als Spende verbucht wurde. Später war dann der Jahresbeitrag über längere Zeit um ca. Fr. 5.-, wobei der genaue Betrag offenbar in mehreren Jahren dem aktuellen Bedarf auf Grund der Vereinsaktivitäten angepasst wurde. Da gab es wohl an der GV jeweils viel Diskussionsstoff. In den sechziger und siebziger Jahren sind die Vereinsaktivitäten etwas eingeschlafen und in den Kassenbüchern gibt
es nur wenige Einträge. Die damaligen Mitglieder wurden nach dem Bezahlen des Jahresbeitrages jeweils mit Vorname und Name im Kassenbuch aufgeführt. 1971 erschien dann zum ersten Mal eine Frau
in der Liste: „Frl. Bär, Lehrerin“.

1982 fand ein Neustart statt: Alfred Trüb übergab das Präsidium an Bruno Valsangiacomo, blieb aber noch einige Zeit Aktuar. Zusammen mit Albert Hauser und Ruedi Mäder wurden in der Sägerei Hauser wieder neue Nistkästen gebaut und alte repariert oder ersetzt. Es wurden aber auch Ausflüge gemacht und Vogel-Exkursionen besucht. Zum 40-Jahr-Jubiläum erschien ein Artikel in der Bozy 3-1982. Bopplissen und seine Umgebung hatte sich aber inzwischen stark gewandelt, viele Einfamilienhäuser wurden gebaut, von den vielen Obstbäumen blieben gerade mal einige Duzend übrig und die Einwohnerzahl war auf das Dreifache angestiegen. Auch die alten Viehställe im Dorf verschwanden immer mehr. Dies war natürlich nicht nur in Boppelsen ein grosses Thema. Der Vogelschutz-verein veröffentlichte einen lesenswerten Artikel in der Bozy 2-1983 zu diesem Thema.

Auch die früher als Allmend genutzte Boppelser Weid mit ihrem Reichtum an einheimischen Pflanzen, darunter viele Orchideen-Arten, war vom Wandel betroffen. Die nassen, mageren Wiesen drohten zu verbuschen, weil keine Tiere mehr dort geweidet und keine Streu mehr benötigt wurde. Dies wurde zum Glück rechtzeitig erkannt; von zwei interessierten Mitgliedern des Vogelschutzvereins Buchs, Louis Müller und Hugo Wihler. Dank ihrer Initiative wurden die Wiesen wieder regelmässig von Mitgliedern beider Vereine einmal im Jahr geschnitten und das Material abgeführt. Im Vogelschutzverein Boppelsen wurde im Jahr 1987 Hans Mäder Präsident. Kassier war damals schon, und dann für lange Zeit, Klaus Mazenauer. Mit Hildegard Stecher war die erste Frau im Vorstand aktiv. Die Arbeiten in der Bopplisser Weid wurden, zusammen mit den Buchsern, in eigener Regie ausgeführt. Durch den Verkauf der Streu kam etwas Geld in die Kasse. In guten Jahren war das Material bei Pferdehaltern und Pilzzüchtern beliebt. 1988 wurde die Boppelser Weid ein Schutzgebiet von überkommunaler Bedeutung und seit 1994 ist sie ein Flachmoor von nationaler Bedeutung, geniesst also den höchst möglichen Schutzstatus. Seither führt der Verein die Pflegearbeiten in
ca. 2/3 des Gebietes im Auftrag der Fachstelle Naturschutz und in Zu-
sammenarbeit mit lokalen Bauern aus. Noch immer helfen regelmässig einige Buchser bei den Arbeiten mit.

Im Jahr 1995 übernahm Werner Ochsner das Präsidium und Susanne Ochsner-Bernegger arbeitet seither tatkräftig im Vorstand mit. Sie hat auch viele Arbeiten von Willy Bauder übernommen, der während über
25 Jahren bis ins hohe Alter, anfänglich selbstständig, später auch als Vereinsmitglied, sehr viel für die Boppelser Weid geleistet hat und für den Kanton Bestandeszählungen machte.

In den neunziger Jahren hat sich Boppelsen zur modernen Agglomera-tionsgemeinde entwickelt und wurde endlich auch an den ÖV ange-schlossen. Sämtliche Kuhställe sind aus dem Dorf verschwunden und mit ihnen auch die Rauchschwalben. Sie brüten nur noch in den beiden Ställen, die heute ausserhalb des Dorfes stehen. Den Mehlschwalben drohte das gleiche Schicksal, weil die letzten ungeteerten oder noch nicht betonierten Flächen verschwanden. Gerade noch rechtzeitig konnten vom Vogelschutzverein an verschiedenen „alten“ Standorten Kunstnester angebracht werden, in denen noch heute einige Paare brüten.

Ungenutzte Stellen sind heute aus dem Dorf und seiner Umgebung fast vollständig verschwunden und die Natur wurde entsprechend verdrängt. Besonders stark betroffen sind neben den Vögeln auch Amphibien, Reptilien, Kleinsäuger und Insekten aller Art. Schon lange setzte sich der VVB deshalb nicht mehr nur für Vögel ein, sondern für den Erhalt der Lebensgrundlage für Alle. Deshalb heisst der Verein nun seit 2015 Naturschutzverein Boppelsen (NVB) und in den Statuten steht u.A.:
Der Verein bezweckt den Schutz, die Schaffung, die Pflege und die Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen von Pflanzen, Tieren und Menschen und die Sicherung der biologischen Vielfalt in der Gemeinde und darüber hinaus.

Im Jahre 2017 feiert der VVB/NVB nun also sein 75-jähriges Bestehen. Wie vor 75 Jahren werden auch heute noch Nistkästen aufgehängt und gepflegt. Es sind aber viele weitere Aufgaben dazu gekommen. Die Arbeiten der Vereins-mitglieder sind nötiger denn je. Dies möchte der Verein der Bevölkerung zeigen - und sie zur Mitarbeit einladen - mit einer öffentlichen Veranstaltung pro Monat, die jeweils eines der Themen zeigt, mit denen sich der Verein befasst. Verschiedene weitere Aktionen dienen direkt dem Artenschutz oder zeigen, wie auch in einer modernen Gemeinde etwas Natur Platz findet. Damit Boppelsen auch weiterhin eine vielfältige, lebenswerte Gemeinde bleibt.